Am Montag, den 20. Oktober brachte ich mal wieder einige (2) nahezu grausame Schulstunden hinter mich. Doch ich habe gerade keinen Nerv darauf genauer einzugehen. Denn was mich eigentlich beschäftigte war die Idee das Wochenende früher als gewöhnlich einzuläuten. Im Normalfall beginnt leider auch hier in Mexiko ein Wochenende nämlich am Freitagnachmittag, Da jedoch aufgrund eines Kurses für die Lehrer am Donnerstag und Freitag in Patzcuaro der Unterricht ausfallen sollte, könne (Konjunktiv der Zukunft in Vergangenheit; Wo ist das Woytowiccionary? (Für die, die es nicht verstehen, folgendes: … Versucht es lieber gar nicht erst!)) ich schon am Mittwoch mein geliebtes Dorf verlassen. Mittwoch? Moment… Was war doch gleich mein Stundenplan für Mittwoch? Notorischer Blogverfolger? Kannst du mir auf die Sprünge helfen? Was sagst du? Nur eine Stunde in der Secundaria? Wirklich? Und du bist dir sicher? Na dann… Welche Idee schwirrte aufgrund dieser Erfahrung dann wohl in meinem Kopf? Natürlich… Ich könnte die eine Stunde vom Mittwoch auf den späten Morgen des Dienstags legen und mich bereits Dienstag aus der dörflichen Verantwortung hinauskomplimentieren. Dafür musste ich jedoch noch die Lehrer der Secundaria von meinen Plänen in Kenntnis setzen. Also machte ich mich auf den Weg zu ihrem gemeinsamen Wohnhaus. Auf dem Weg dorthin traf ich meinen besten Schüler aus dem primero semestre und seinen Onkel bei der Vegetationspflege. (Nein, es gibt wirklich auch einige Pflanzen in dieser Bullenhitze… Warum heißt es eigentlich Bullenhitze? Weil Kuhhitze blöd klingt? Oder ist das wieder so ein Emanzipationsding? Naja… hier in Mexiko sähe ich ein wenig Emanzipation durchaus gerechtfertigt, aber ich schreibe ja gerade in deutsch. Warum also Bullenhitze? Wie heißt die männliche Variante der Emanzipation? Was bleibt uns Männern denn noch, was ausschließlich wir können? Selbst das Samen spenden wird uns dank der geldgeilen Samenspender nach und nach genommen werden und wir Männer verlieren jegliches Fünkchen an Wichtigkeit in der hiesigen Welt. Doch bevor meine Dystopie sich verselbstständigt sollte ich meinen illusorischen Ausschweifungen Einhalt gebieten und mich beruhigen. Also, wo war ich? Ach ja…) Wie ich später bemerkte, waren es auch nicht ausschließlich jene beiden die sich rührend kümmerten, sondern auch andere Dorfbewohner legten Hand an. Ernüchtert musste ich erneut zur Kenntnis nehmen, dass mir hier entweder gar nicht oder zu spät von jedweden Ereignissen berichtet wird. Der Onkel winkte mich zu sich und erzählte mir, dass er gerne Deutsch lernen würde, weil er Sprachen so möge und ihm schon das Englischlernen in USA (gesprochen uusaaah) so Freude bereitet habe. Geehrt über die offensichtlich gute Erfahrung mit mir die der Neffe an den Onkel weitergab (Überbewerte ich die Situation?) erzählte ich ihm, dass ich Donnerstags „immer“ (bereits ein ganzes Mal) Deutschunterricht für einige Schüler und die meisten Lehrer gebe und er gerne daran teilnehmen könne. Er schien erfreut und versprach darüber nachzudenken. Was das wohl auf mexikanisch-denk zu bedeuten hat?
Ich jedenfalls ging dann meines Wegs, um die Lehrer aufzufinden. In ihrem Haus fand ich nun meinen Direktor in der Hängematte dösend und Faulheit ausstrahlend. „Die anderen sind Basketball spielen.“ WHAMS! Schon wieder der „Niemand sagt dir nie nichts, was im Dorf abgeht“- Schlag ins Gesicht. (Wundert euch nicht über die Mehrfachverneinung… Irgendwas muss ich ja wohl aus dem Spanischen übernehmen, wenn schon nicht die Denkweise)
Ich also enttäuscht, dass es mir niemand von sich aus gesagt hat und erfreut, dass ich so (fast zu spät wie bereits mokiert) noch zu etwas Bewegung komme, zum Sportplatz der Secundaria flaniert. .
Dort spielte ich dann 3 mal 2:2 bis 7 und war vollkommen ausgelaugt. Aber ich vertrage auch nichts mehr. Auf jeden Fall spaßig, aber auch deprimierend, weil ich das erste Mal um einiges schlechter war, als (gleich mehrere) Mexikaner. Ach ja… Sie sahen übrigens keinerlei Problem darin meine Stunde zu verschieben und schienen mir auf dem Weg dorthin alles beiseite räumen zu wollen, was sie finden würden. Sehr angenehme Nebenwirkung von mexikanischer Ungeplantheit (in positiv: Spontaneität)…
Ich Dienstag also meine Stunden in der Prepa durchgeprügelt und dann hinüber zur Secundaria. Als mir mein Direktor das Schultor aufschloss, (dass immer abgeschlossen sein muss, damit die Schüler auch ja in der Schule essen… Wenn ihr mich fragt Schwachsinn…) sagte er beiläufig, dass der Direktor der Primaria nachgefragt habe, ob ich denn nicht immer Stunden in der Primaria geben wolle. Eigentlich schon, aber warum sollte ich dafür auf ihn zukommen. Ich finde, dass die Menschen, die etwas von mir wollen in diesem Dorf endlich auch mal auf mich zukommen können. Sie wissen doch alle wo ich wohne. Naja… wahrscheinlich ist das wieder nur eine dieser Beschwerden, die ich mir suche, nur um des Beschwerens willen. Wie auch immer… Was ich gerade sagte, ließ ich auch den Direktor wissen: Falls er mich sprechen mag, der andere Direktor, er wisse wo ich wohne.
Dann also zur Secundaria. Die Berichterstattung der zweiten Stunde Secundaria solltet ihr bereits kennen. Danach wieder einmal zum Restaurant an der Autopista, in dem meine Gastmutter geschäftig ihren Lebensunterhalt verdient und in dem sie so einige Lastwagenfahrer kennengelernt hat. Diese Bekanntschaften bescheren uns jedoch eine billige und gefahrlose (nicht immer ganz zügige) Überfahrt. Meist. Dieses Mal wurde ich jedoch enttäuscht. Trotz 100 Minuten des Wartens tauchte keine Mitfahrgelegenheit für mich an dem besseren Imbiss auf. Ich verlor die Geduld. Ich stellte mich auf eigene Faust an die carreterra. Nach einiger Zeit fand ich dann auch einen Brummidor, der sich bereit erklärte mich mitzunehmen. Anfangs noch etwas wortkarg, stellte er sich als intelligenter, aber intoleranter Macho heraus. Er fragte mich, warum ich denn nicht in Deutschland geblieben sei und die Zeit nutzen würde, um Geld zu verdienen. Für so eine Zeitverschwendung wie Reisen habe er nichts übrig. Wie es seiner Familie gehe? Geht schon… Aber er sieht sie halt selten. Ob er sie vermisse? Naja… Er habe ja in jedem Staat, den er durchfährt, jedes Mal zwei neue Frauen. (Seine Lüsternheit zeigte sich an jedem Maut-Schalter erneut) Warum meine Schwester den Kinderpsychologie studiere, das sei doch kein Beruf mit Zukunft, usw. Ich hätte liebend gerne versucht es auf deutsch mit ihm aufzunehmen. Aber auf spanisch, in freudiger Erwartung eine tolle Woche zu verbringen, war es schlichtweg anstrengend und nervtötend, mich verbal mit ihm zu duellieren.
In Lazaro angekommen, verlor ich nicht viel Zeit und stieg in den Bus in Richtung Caleta, um dann in Chucutitan aussteigend, Janina überraschen zu können. Das ist mir, soweit ich das beurteilen kann, auch ganz gut gelungen. Aus ihren Augen lesend, aus ihrer Umarmung spürend, konnte ich das zumindest kombinieren. Sie war gerade dabei ihren Unterricht für die Primaria vorzubereiten und zeichnete (so wie ich ihr ein Lächeln ins Gesicht zeichnete) Tierköpfe, da das Inhalt ihrer ersten Stunde am nächsten Nachmittag werden sollte. Ich lernte ihre Gastfamilie kennen und zum ersten Mal auch das Gefühl einer verschwindend kleinen Privatsphäre. Immer war ein Familienmitglied in der Nähe. Aber es ist ja nichts Neues, dass mein Unbeschäftigtheit mein Vor- und mein Nachteil zugleich sind. Sie hat nahezu nie Zeit für sich, weil sie immer ein Familienmitglied beschäftigt oder sich um einen nächsten Unterricht kümmert. Wie auch immer… Ich wurde dann zu meinem Schlafplatz geführt. Und geführt ist nicht übertrieben, da es über eine selbstgebaute 4-7 Meter hohe Holzleiter in ein oberes Stockwerk ging, wo ich das erste Mal ungern allein drübergelaufen wäre. Dort wurde mir dann ein wunderbares Lager, aus zwei Decken bestehend auf dem Steinboden hergerichtet. Das ich mit Janina in einem Zimmer schliefe, stand gar nicht erst zur Debatte. Wie sich später herausstellte, war auch schon mein Aufenthalt an sich sorgenvoll betrachtet worden, aber weniger wegen irgendwelcher Moralvorstellungen, als wegen der Verpflegung. Die Familie scheint so arm zu sein, dass es ihr schwer fällt ein weiteres Mäulchen zu stopfen. Trotzdem wurde ich nett behandelt und freundete mich auch mit der kleinsten Gastschwester und ihrer Kusine an. Und dies kam wie folgt: Für den Nachmittag war der Gang zu einem Fluß geplant, um dort zu baden und ich wurde einfach mitgeschleppt. Naja, wie hätten sie mich ausladen können. 😉 Der Fluß hatte eine echt starke Strömung, aber da der Boden hauptsächlich von Sand bedeckt war und nur an wenigen Stellen besteint war, konnte man viel Spaß in ihm haben. Der Sohn der Familie und ein anderer Junge tauchten nach Krebsen und anderen Schalentieren, während Schwester und Kusine und 2 Nachbarinnen Spaß am gegenseitigen Nassspritzen hatten. Bald entdeckte man, dass sich Janina prima als Abschleppboot eignete. Die Angst von mir verlor man erst langsam, doch sie kehrte dann auch bald zurück, als ich das Spiel mitspielte und sie ein wenig grimassenziehend nassspritzte. Die vier Mädels wussten größtenteils nicht, ob sie lieber Angst oder Spaß haben sollten, aber der Spaß überwiegte und sie stichelten mich und riefen: Du kriegst mich eh nicht… Alles in allem ein echt schöner Nachmittag. Die Nacht war jedoch auf dem Steinboden weniger bequem… Zumindest von 6-7.30 konnte ich in dem Bett des Bruders schlafen, dass er mir, nachdem er in die Schule zog, zum Schlafen anbot.
Da ich mir Spannenderes vorstellen konnte, Unterricht zu verfolgen, den ich nicht verstehe und Janina morgens noch keinen Unterricht gab, wollte ich am Mittwochmorgen erst mal in dem Haus bleiben, um dann später zu Janina dazuzustoßen. Zu „Hause“ wollte ich dann meinen Blog weiterschreiben, da ich auch damals schon und vermutlich eh für immerdar, in der Zeit hinterhing. Es kam jedoch anders. Als ich mit Janina beim Frühstück saß, präparierte die Mutter gerade Essen für den Kindergarten und fragte mich, ob ich denn Lust habe sie zu begleiten. Natürlich hatte ich Lust, da ich eigentlich immer schon ganz gut mit Kindern umgehen konnte. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie niedlich mexikanische Kinder sind. Ich war zwar noch nie in einem deutschen Kindergarten, mal abgesehen von meiner eigenen Kindergartenzeit, aber ich bin mir relativ sicher, dass die Niedlichkeit der mexikanischen Kinder kaum zu toppen ist. Alle schauten mich verstohlen mit großen Augen an, aber nachdem man mich während des Essen stetig beschauen konnte, war die Angst verflogen und ich wurde zum Beispiel gebraucht/verbraucht/missbraucht. Es ist wunderbar, mit wie wenig man so manches Kind zufrieden stellen kann. „Wirf den Ball so hoch du kannst in die Luft“ „Oh ja… Meinen auch!“ Und Ausdauer haben die Viecher. Es ist nicht auszuhalten. ^^ Nach erfolgreichem und ausgiebigen Ballspiel kehrte ich zurück in das Haus, um ein wenig zu bloggen. Doch auch dafür blieb mir nicht lange Zeit, da mich Janina auf dem Telefon anrief, damit ich ihr meine Boxen bringe. „Das Leben ist schön“ ist kein Film, den man ohne Ton schauen sollte. Und da ich wenigen Frauen (und erst recht nicht ihr 😉 ) einen Wunsch abschlagen kann, eilte ich natürlich „stante pede“ zu ihrer Wunscherfüllung. Dann setzte ich mich zu der schauenden Klasse in den Raum, um Ablenkung zu verhindern, direkt hinter eine Säule, und setzte meinen Blog fort. Es ist eigenartig beim Schreiben eins Blog übers Blog schreiben zu schreiben, weil man eigentlich wenn man im Präsens schreiben würde, nicht sagen müsste, dass man einen Blog schreibt und wo usw…. Grummel… Sei verflucht, Zeitverschiebung! (Ich meine eine andere als die gewohnte… Die kommt später auch noch)
Nach dem Blog verfolgte ich die Nachsitzstunden der vier schlechtesten Schüler des ersten Semesters von Janina. Es fiel auf, dass die Schlechtesten von ihr genauso gut sind wie meine Besten. Das ist sehr deprimierend und ermutigt mich umso mehr mein Dorf nach den vorgesehenen 6 Monaten zu wechseln. Janina ist nämlich inzwischen recht sicher, dass sie bleiben will, wo sie ist. Bei ihren Bedingungen kann ich das verstehen. Strand, interessierte Schüler, einen treibenden Direktor und sie mit in Aktivitäten einspannende Schüler. Nachteil ist, dass sie keine Zeit für sich hat. Auch nicht, weil sie sich jetzt noch zwei Gruppen von Grundschülern gesucht hat. An diesem Tag war die erste Stunde. Sie war im Anschluss recht verzweifelt, weil man schwer 20 Schüler, die sich angemeldet haben und 20, die einfach so kommen, nach Alter sortieren kann, um sie dann in 2 Gruppen nacheinander zu unterrichten. Wenn man sie versucht sie alle zusammen zu unterrichten wird man bemerken, dass es nahezu unmöglich ist sie alle gleichzeitig bei Laune zu halten. Erst recht nicht alleine. Aber ich hatte ihr ja angeboten, dass ich bleibe. Doch ihre Aufregung war nach ihrer Aussage zu groß, um sich auch noch vor mir beweisen zu können. Dabei hätte ich ihr so gerne unter die Arme gegriffen.
Doch für eine Ablenkung war gesorgt. Wegen der über die Sekretärin vermittelten Schwierigkeiten der Nahrungsfürsorge kamen wir auf die Idee, selbst für das Essen zu sorgen, indem wir nochmals Chiquiliquis fangen würden. Dabei begleiteten uns 3 Schüler von Janina, der Arzt des Dorfes, ein junger, dynamischer Mann, der Freundlichkeit ausstrahlend durch die Welt wandelt; und ein weiterer Dorfjunge. So waren wir genug Hände, um ca 100 Chiquiliquis auszubuddeln. Denn internen Wettbewerb zwischen mir und Janina gewann ich 20:8. Dafür gab sie eine großartige Chiquiauffangstation ab, in dem sie vor uns, der Gruppe an buddelnden Männern stand und alle gefundenen Chiquis, die wir um weiterbuddeln zu können, warfen, mit dem Rucksack geschickt auffing. Das Essen im Anschluß war entsprechend reichhaltig, da alle Chiquis von uns mitgenommen werden durften. Es reicht für 5 Personen und die Hälfte wurde eingefroren. Sehr zufriedenstellende Ausbeute.
Die letzte Woche hatte ich mich sehr auf dieses Wochenende gefreut, da es geplant war nach Colola ein anderes Küstendorf zu ihrem Jubiläum zu fahren. Da es jedoch weitere Drohungen von den Drogenkartellen für Angriffe auf Großveranstaltungen gab, wurde es kurzfristig abgesagt. Obwohl…Kurzfristig? 5 Tage vorher… Was wirklich kurzfristig war, war die Wiederbelebung des Events am Mittwochabend, bei dem uns mitgeteilt wurde, dass nun doch das Fußballteam der Männer und das Frauenvolleyballteam nach Colola führe und wir sie begleiten dürfen. Das war eine Freude sage ich euch.
Pünktlich um halb6, nachdem 5 Uhr angesagt war, verließen wir dann also Chucutitán in 2 Pick-Ups und einem Geländewagen. Das ist mexikanische Packkunst. 35 Leute in 3 Autos. In Deutschland wäre das unter Garantie hochverboten. Janina und ich bekamen die großartigen Luxusplätze auf der Rückbank des Geländewagens mit 2 anderen Jungen. So konnten wir noch etwas Schlaf nachholen.
Als wir dann in Colola ankamen, war erst mal wieder etwas Verwirrung angesagt. Dann gab es kalte Tacos, die nicht so besonders gut geschmeckt habe. Jede Schule wurde bei der Fahnenehrung vorgestellt und musste/durfte eine Ehrenrunde drehen. Jaime, der Vorsitzende der Zone, der Chucutitán und Colola angehören und der gleichzeitig der Direktor von Chucutitán ist, hielt eine Rede, die ich nicht ganz verstand, aber mich interessierten auch mehr die unterschiedlichen Gemeinsamkeiten innerhalb der Schulen. Die Schule Cololas war zum Beispiel sehr viel mehr aufs Äußere bedacht, da es eher touristisch war. Viel Markenkleidung. Ein Schule hatte ihren größte Aufmerksamkeit auf ein gemeinsames, in meinen Augen gleichförmiges (für mich negative Konnotation) Aussehen gelegt, während Chucu eindeutig die sympathischste Ausstrahlung mit sich trug. Nun, das mag an meiner Subjeltivität und Affinität zu Chucu liegen… trotzdem… ich bin überzeugt, dass es auch für Aussenstehende, der ich ja fast bin, so wirkte.
Dann begannen die Sportaktivitäten. Das Tempo beim Volleyball hat mich sehr beeindruckt und auch die Fußballspiele waren echt sehenswert. Und das Teamgefühl der Chucu-Schule war bemerkenswert. Auch mein Kampfschrei „Gebt mir ein Chiqui! Chiqui! Gebt mir ein Chaca! Chaca! Gebt mir ein Chucutitán! Chucutitán“ wurde bereitwillig in den Anfeuerungsfundus aufgenommen. Chucu gewann alles und stand für den folgenden Tag in allen, also 3 Finalbegegnungen.
Am Nachmittag machten Janina, Maren (Caleta), Kaddy (Villa Victoria) und ich uns auf den Weg das ortsansässige Schildkrötencamp ausfindig zu machen um eine Freiwillige aus den USA wiederzutreffen, die wir in Morelia kennengelernt hatten. Da wir aber nur einen in der Hängematte dösenden Mexikaner dort auffanden, kehrten wir über den wunderschönen Strand zurück. Unberührter Strand und überhaupt nicht touristisch. Aber wie auch, wenn das Wasser eine Strömung hat, die einen schon vom Zusehen hineinzieht. Ich liebe Strände…
Als wir dann wieder am Hauptplatz angekommen sind, waren die Vorbereitungen für die abendliche Disco in vollem Gange und alle Stühle wurden platziert und das Volleyballfeld zur Tanzfläche ummodelliert und riesige Boxen wurden angeschleppt. Wir saßen mittendrin, aber ließen uns davon nicht beindrucken. Wir hatten uns zuvor ein Bier und eine Sprite gekauft und genoßen inmitten des Trubels die untergehende Sonne, unsere Gesellschaft, ein kaltes Radler (Wenn ein alkoholisches Getränk, dann dieses!Daran könnt ihr erkennen, dass das exzessive Betrinknis eher nicht zu meinen Vorlieben zählt) und die melancholisch-nachdenkliche Stimmung. So kamen wir dann aber erst wieder an der Schule an, als die anderen bereits wieder zur Fete aufbrechen wollten. Aber wir freuten uns auf den Genuß einer einsamen Dusche. Verlasse dich in Mexiko niemals auf deine Intuition. Wieso eigentlich Dusche?Uns wurde mitgeteilt, dass wir die einzige der fünf teilnehmenden Schulen seien, die sich nicht in sog. Cabanas (einfache Holzhütten) eingemietet hätte und deshalb mit einem großen Wasserkübel bewaffnet, wie gewohnt mit der Mit-einer-Schüssel-sich-begieß-dusch-Variante Vorlieb nehmen müssen würden. Doch damit nicht genug. Wir sollten dann unsere Sachen aus einem abschließbaren Raum zu unserem Schlafraum transportieren und es wurde mir klar, dass ich auf nichts als einer Decke (Erneut!) schlafen müsse. Aber das einem auch nie etwas gesagt wird. Hätte ich damit rechnen müssen? Ich hatte natürlich nichts anderes mitgebracht… Wie dem auch sei… Uns um- und dann zur Party ziehend, genoßen wir die angenehme Wärme. Nicht so drückend wie aus Las Canas gewohnt. Als wir am partygelände ankamen, schallte uns schon trötige, mexikanische Rancheramusik entgegen. Grausam, was meine Meinung anbetrifft. Auch Janina war nicht besonders angetan. Aber die Mexikaner, die wahrscheinlich eher selten die Möglichkeit haben zu tanzen, nutzen die Chance um ordentlich die Sau rauszulassen. Bei dem zwischenzeitlichen Reggaeton fanden wir auch Spaß dabei uns zu bewegen, hätten die Mexikaner sich nur bloß nicht immer in Kreisen gruppiert. Ächz. So fühlt man sich immer so beobachtet und zu irgendwas genötigt. Der Punkt der Beobachtung ging jedoch nicht abhanden, als wir dann plötzlich den Versuch unternahmen zu Ranchera Disco-Fox zu tanzen. Nicht gut, aber unterhaltsam. Lange hielt uns das aber auch nicht bei Laune. Noch ein paar Tacos bei dem völlig überforderten (bei 15 Leuten gleichzeitig zu bedienen wäre ich das auch) Tacomann vor dem Gelände verschlungen und dann zurück zur Schule. Als ich dann im Männerschlafsaal halb blind nach meiner Decke und meinem Kissen tastete, spürte ich nur warme Körper. Grummelnd-verbissen, Kissen entrissen, Janina beschmissen, ihre Nähe vermissend, alleine auf die Decke eines anderen noch nicht anwesenden Schülers gezwängt. Der goldenenen Regel von Konfuzius, Jesus und Buddha von wegen „Was du nicht willst, das man dir tu“-usw-Blabla konnte ich in jenem Augenblick keine Aufmerksamkeit zollen, weil mich der Frust angesichts dieser Dreistigkeit packte. Dementsprechend sch… äh… schaurig schlief ich dann. Zur Besserung meiner Gefühlslage zählte nicht unbedingt das Aufstehen bei strömendem Regen um 7 Uhr morgens. Aber der Direx von Janina ist halt nicht nur was Arbeitssamkeit und Hausarbeitsfleiß geht eine mexikanisch-gesehene Ausnahme. Da wir uns ja um 8 am Volleyballfeld mit den restlichen Schulen treffen würden, werden wir da sein. Regen hin oder her. Als dann endlich um halb10 jemand auftauchte und uns sagte, dass es Frühstück an der Schule gäbe, war meine Laune zumindest nicht mehr ganz so ozeanisch, auch wenn die Umstände eher dafür gesprochen haben.
Das sogenannte Frühstück war eine Suppe aus Innereien, die wir nicht gerade ungern verschmähten. Wir, Janina und ich. Also wir, machten uns dann lieber nochmals auf um die EEAA-Freiwillige Brit im Campamento de las tortugas aufzufinden. Sie zeigte sich auch sehr erfreut uns zu sehen und zeigte sich mit einem fruchtreichen Frühstück erkenntlich. Und Kaffee! Genießenswert…
Wir unterhielten uns ein wenig über die Drohungssituation der Drogenkartelle und diskutieren über die neue Ausgangssituation, aufgrund des neuen – gegen die NARCOS durchgreifenden – Präsidenten. Nun griffen die Narcos-Gruppen nicht nur sich gegenseitig sondern auch die Zivilbevölkerung an um ihre Macht zu demonstrieren, bzw dass sie sich nicht von der Regierung und dem Militär einschüchtern lassen würden. Die Nachricht, dass die Militärs manchmal auch ins Tortuga-Camp des nachtens nach dem Rechten schauen, machte mich etwas stutzig und zaghaft, aber ansonsten war es ein sehr angenehmes Frühstückchen.
Im Anschluß daran schauten wir uns noch das Fußballfinale an, dass Chucu leider 4:3 verlor, trotz erneuter Anfeuerung und das Schachfinale, dass einer Chucutitaner im Patt beendete. Es beeindruckte mich, dass ein Patt auch dann entsteht, wenn sich keine Figur bewegen kann, ohne den König ins Schach zu bringen. So gewann der „Feind“ nur aufgrund des Losens. Und auch bei den Volleyballfinalen war Chucu kein Glück gegönnt, da der Regen die Ausführung derselben verwässerte. Allen Verpflichtungen enthoben, machten wir uns dann vollbepackt auf den Weg nach Manzanillo, einer touristischen Hafenstadt, die sich weiter im Norden, verfolgt man den Pazifik, befindet.
Doch zum „Äpfelchen“ komme ich im nächsten Blog.
Freut euch auf schöne Gefühle und föne Geschühle!
Bis bald und friert nicht zu sehr im kalten Deutschland!
(Ps: Wenn du, verehrter Leser, jedoch ein Mitfreiwilliger bist: … „Viva Mexiko“ und… schwitz nicht zuviel! 😉 Pass ja auf dich auf… ich will dich schließlich nochmal wiedersehen… )
Saludos a todos!
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