Das Wochenende beginnt Dienstag!

Am Montag, den 20. Oktober brachte ich mal wieder einige (2) nahezu grausame Schulstunden hinter mich. Doch ich habe gerade keinen Nerv darauf genauer einzugehen. Denn was mich eigentlich beschäftigte war die Idee das Wochenende früher als gewöhnlich einzuläuten. Im Normalfall beginnt leider auch hier in Mexiko ein Wochenende nämlich am Freitagnachmittag, Da jedoch aufgrund eines Kurses für die Lehrer am Donnerstag und Freitag in Patzcuaro der Unterricht ausfallen sollte, könne (Konjunktiv der Zukunft in Vergangenheit; Wo ist das Woytowiccionary? (Für die, die es nicht verstehen, folgendes: … Versucht es lieber gar nicht erst!)) ich schon am Mittwoch mein geliebtes Dorf verlassen. Mittwoch? Moment… Was war doch gleich mein Stundenplan für Mittwoch? Notorischer Blogverfolger? Kannst du mir auf die Sprünge helfen? Was sagst du? Nur eine Stunde in der Secundaria? Wirklich? Und du bist dir sicher? Na dann… Welche Idee schwirrte aufgrund dieser Erfahrung dann wohl in meinem Kopf? Natürlich… Ich könnte die eine Stunde vom Mittwoch auf den späten Morgen des Dienstags legen und mich bereits Dienstag aus der dörflichen Verantwortung hinauskomplimentieren. Dafür musste ich jedoch noch die Lehrer der Secundaria von meinen Plänen in Kenntnis setzen. Also machte ich mich auf den Weg zu ihrem gemeinsamen Wohnhaus. Auf dem Weg dorthin traf ich meinen besten Schüler aus dem primero semestre und seinen Onkel bei der Vegetationspflege. (Nein, es gibt wirklich auch einige Pflanzen in dieser Bullenhitze… Warum heißt es eigentlich Bullenhitze? Weil Kuhhitze blöd klingt? Oder ist das wieder so ein Emanzipationsding? Naja… hier in Mexiko sähe ich ein wenig Emanzipation durchaus gerechtfertigt, aber ich schreibe ja gerade in deutsch. Warum also Bullenhitze? Wie heißt die männliche Variante der Emanzipation? Was bleibt uns Männern denn noch, was ausschließlich wir können? Selbst das Samen spenden wird uns dank der geldgeilen Samenspender nach und nach genommen werden und wir Männer verlieren jegliches Fünkchen an Wichtigkeit in der hiesigen Welt. Doch bevor meine Dystopie sich verselbstständigt sollte ich meinen illusorischen Ausschweifungen Einhalt gebieten und mich beruhigen. Also, wo war ich? Ach ja…) Wie ich später bemerkte, waren es auch nicht ausschließlich jene beiden die sich rührend kümmerten, sondern auch andere Dorfbewohner legten Hand an. Ernüchtert musste ich erneut zur Kenntnis nehmen, dass mir hier entweder gar nicht oder zu spät von jedweden Ereignissen berichtet wird. Der Onkel winkte mich zu sich und erzählte mir, dass er gerne Deutsch lernen würde, weil er Sprachen so möge und ihm schon das Englischlernen in USA (gesprochen uusaaah) so Freude bereitet habe. Geehrt über die offensichtlich gute Erfahrung mit mir die der Neffe an den Onkel weitergab (Überbewerte ich die Situation?) erzählte ich ihm, dass ich Donnerstags „immer“ (bereits ein ganzes Mal) Deutschunterricht für einige Schüler und die meisten Lehrer gebe und er gerne daran teilnehmen könne. Er schien erfreut und versprach darüber nachzudenken. Was das wohl auf mexikanisch-denk zu bedeuten hat?

Ich jedenfalls ging dann meines Wegs, um die Lehrer aufzufinden. In ihrem Haus fand ich nun meinen Direktor in der Hängematte dösend und Faulheit ausstrahlend. „Die anderen sind Basketball spielen.“ WHAMS! Schon wieder der „Niemand sagt dir nie nichts, was im Dorf abgeht“- Schlag ins Gesicht. (Wundert euch nicht über die Mehrfachverneinung… Irgendwas muss ich ja wohl aus dem Spanischen übernehmen, wenn schon nicht die Denkweise)

Ich also enttäuscht, dass es mir niemand von sich aus gesagt hat und erfreut, dass ich so (fast zu spät wie bereits mokiert) noch zu etwas Bewegung komme, zum Sportplatz der Secundaria flaniert. .

Dort spielte ich dann 3 mal 2:2 bis 7 und war vollkommen ausgelaugt. Aber ich vertrage auch nichts mehr. Auf jeden Fall spaßig, aber auch deprimierend, weil ich das erste Mal um einiges schlechter war, als (gleich mehrere) Mexikaner. Ach ja… Sie sahen übrigens keinerlei Problem darin meine Stunde zu verschieben und schienen mir auf dem Weg dorthin alles beiseite räumen zu wollen, was sie finden würden. Sehr angenehme Nebenwirkung von mexikanischer Ungeplantheit (in positiv: Spontaneität)…

Ich Dienstag also meine Stunden in der Prepa durchgeprügelt und dann hinüber zur Secundaria. Als mir mein Direktor das Schultor aufschloss, (dass immer abgeschlossen sein muss, damit die Schüler auch ja in der Schule essen… Wenn ihr mich fragt Schwachsinn…) sagte er beiläufig, dass der Direktor der Primaria nachgefragt habe, ob ich denn nicht immer Stunden in der Primaria geben wolle. Eigentlich schon, aber warum sollte ich dafür auf ihn zukommen. Ich finde, dass die Menschen, die etwas von mir wollen in diesem Dorf endlich auch mal auf mich zukommen können. Sie wissen doch alle wo ich wohne. Naja… wahrscheinlich ist das wieder nur eine dieser Beschwerden, die ich mir suche, nur um des Beschwerens willen. Wie auch immer… Was ich gerade sagte, ließ ich auch den Direktor wissen: Falls er mich sprechen mag, der andere Direktor, er wisse wo ich wohne.

Dann also zur Secundaria. Die Berichterstattung der zweiten Stunde Secundaria solltet ihr bereits kennen. Danach wieder einmal zum Restaurant an der Autopista, in dem meine Gastmutter geschäftig ihren Lebensunterhalt verdient und in dem sie so einige Lastwagenfahrer kennengelernt hat. Diese Bekanntschaften bescheren uns jedoch eine billige und gefahrlose (nicht immer ganz zügige) Überfahrt. Meist. Dieses Mal wurde ich jedoch enttäuscht. Trotz 100 Minuten des Wartens tauchte keine Mitfahrgelegenheit für mich an dem besseren Imbiss auf. Ich verlor die Geduld. Ich stellte mich auf eigene Faust an die carreterra. Nach einiger Zeit fand ich dann auch einen Brummidor, der sich bereit erklärte mich mitzunehmen. Anfangs noch etwas wortkarg, stellte er sich als intelligenter, aber intoleranter Macho heraus. Er fragte mich, warum ich denn nicht in Deutschland geblieben sei und die Zeit nutzen würde, um Geld zu verdienen. Für so eine Zeitverschwendung wie Reisen habe er nichts übrig. Wie es seiner Familie gehe? Geht schon… Aber er sieht sie halt selten. Ob er sie vermisse? Naja… Er habe ja in jedem Staat, den er durchfährt, jedes Mal zwei neue Frauen. (Seine Lüsternheit zeigte sich an jedem Maut-Schalter erneut) Warum meine Schwester den Kinderpsychologie studiere, das sei doch kein Beruf mit Zukunft, usw. Ich hätte liebend gerne versucht es auf deutsch mit ihm aufzunehmen. Aber auf spanisch, in freudiger Erwartung eine tolle Woche zu verbringen, war es schlichtweg anstrengend und nervtötend, mich verbal mit ihm zu duellieren.

In Lazaro angekommen, verlor ich nicht viel Zeit und stieg in den Bus in Richtung Caleta, um dann in Chucutitan aussteigend, Janina überraschen zu können. Das ist mir, soweit ich das beurteilen kann, auch ganz gut gelungen. Aus ihren Augen lesend, aus ihrer Umarmung spürend, konnte ich das zumindest kombinieren. Sie war gerade dabei ihren Unterricht für die Primaria vorzubereiten und zeichnete (so wie ich ihr ein Lächeln ins Gesicht zeichnete) Tierköpfe, da das Inhalt ihrer ersten Stunde am nächsten Nachmittag werden sollte. Ich lernte ihre Gastfamilie kennen und zum ersten Mal auch das Gefühl einer verschwindend kleinen Privatsphäre. Immer war ein Familienmitglied in der Nähe. Aber es ist ja nichts Neues, dass mein Unbeschäftigtheit mein Vor- und mein Nachteil zugleich sind. Sie hat nahezu nie Zeit für sich, weil sie immer ein Familienmitglied beschäftigt oder sich um einen nächsten Unterricht kümmert. Wie auch immer… Ich wurde dann zu meinem Schlafplatz geführt. Und geführt ist nicht übertrieben, da es über eine selbstgebaute 4-7 Meter hohe Holzleiter in ein oberes Stockwerk ging, wo ich das erste Mal ungern allein drübergelaufen wäre. Dort wurde mir dann ein wunderbares Lager, aus zwei Decken bestehend auf dem Steinboden hergerichtet. Das ich mit Janina in einem Zimmer schliefe, stand gar nicht erst zur Debatte. Wie sich später herausstellte, war auch schon mein Aufenthalt an sich sorgenvoll betrachtet worden, aber weniger wegen irgendwelcher Moralvorstellungen, als wegen der Verpflegung. Die Familie scheint so arm zu sein, dass es ihr schwer fällt ein weiteres Mäulchen zu stopfen. Trotzdem wurde ich nett behandelt und freundete mich auch mit der kleinsten Gastschwester und ihrer Kusine an. Und dies kam wie folgt: Für den Nachmittag war der Gang zu einem Fluß geplant, um dort zu baden und ich wurde einfach mitgeschleppt. Naja, wie hätten sie mich ausladen können. 😉 Der Fluß hatte eine echt starke Strömung, aber da der Boden hauptsächlich von Sand bedeckt war und nur an wenigen Stellen besteint war, konnte man viel Spaß in ihm haben. Der Sohn der Familie und ein anderer Junge tauchten nach Krebsen und anderen Schalentieren, während Schwester und Kusine und 2 Nachbarinnen Spaß am gegenseitigen Nassspritzen hatten. Bald entdeckte man, dass sich Janina prima als Abschleppboot eignete. Die Angst von mir verlor man erst langsam, doch sie kehrte dann auch bald zurück, als ich das Spiel mitspielte und sie ein wenig grimassenziehend nassspritzte. Die vier Mädels wussten größtenteils nicht, ob sie lieber Angst oder Spaß haben sollten, aber der Spaß überwiegte und sie stichelten mich und riefen: Du kriegst mich eh nicht… Alles in allem ein echt schöner Nachmittag. Die Nacht war jedoch auf dem Steinboden weniger bequem… Zumindest von 6-7.30 konnte ich in dem Bett des Bruders schlafen, dass er mir, nachdem er in die Schule zog, zum Schlafen anbot.

Da ich mir Spannenderes vorstellen konnte, Unterricht zu verfolgen, den ich nicht verstehe und Janina morgens noch keinen Unterricht gab, wollte ich am Mittwochmorgen erst mal in dem Haus bleiben, um dann später zu Janina dazuzustoßen. Zu „Hause“ wollte ich dann meinen Blog weiterschreiben, da ich auch damals schon und vermutlich eh für immerdar, in der Zeit hinterhing. Es kam jedoch anders. Als ich mit Janina beim Frühstück saß, präparierte die Mutter gerade Essen für den Kindergarten und fragte mich, ob ich denn Lust habe sie zu begleiten. Natürlich hatte ich Lust, da ich eigentlich immer schon ganz gut mit Kindern umgehen konnte. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie niedlich mexikanische Kinder sind. Ich war zwar noch nie in einem deutschen Kindergarten, mal abgesehen von meiner eigenen Kindergartenzeit, aber ich bin mir relativ sicher, dass die Niedlichkeit der mexikanischen Kinder kaum zu toppen ist. Alle schauten mich verstohlen mit großen Augen an, aber nachdem man mich während des Essen stetig beschauen konnte, war die Angst verflogen und ich wurde zum Beispiel gebraucht/verbraucht/missbraucht. Es ist wunderbar, mit wie wenig man so manches Kind zufrieden stellen kann. „Wirf den Ball so hoch du kannst in die Luft“ „Oh ja… Meinen auch!“ Und Ausdauer haben die Viecher. Es ist nicht auszuhalten. ^^ Nach erfolgreichem und ausgiebigen Ballspiel kehrte ich zurück in das Haus, um ein wenig zu bloggen. Doch auch dafür blieb mir nicht lange Zeit, da mich Janina auf dem Telefon anrief, damit ich ihr meine Boxen bringe. „Das Leben ist schön“ ist kein Film, den man ohne Ton schauen sollte. Und da ich wenigen Frauen (und erst recht nicht ihr 😉 ) einen Wunsch abschlagen kann, eilte ich natürlich „stante pede“ zu ihrer Wunscherfüllung. Dann setzte ich mich zu der schauenden Klasse in den Raum, um Ablenkung zu verhindern, direkt hinter eine Säule, und setzte meinen Blog fort. Es ist eigenartig beim Schreiben eins Blog übers Blog schreiben zu schreiben, weil man eigentlich wenn man im Präsens schreiben würde, nicht sagen müsste, dass man einen Blog schreibt und wo usw…. Grummel… Sei verflucht, Zeitverschiebung! (Ich meine eine andere als die gewohnte… Die kommt später auch noch)

Nach dem Blog verfolgte ich die Nachsitzstunden der vier schlechtesten Schüler des ersten Semesters von Janina. Es fiel auf, dass die Schlechtesten von ihr genauso gut sind wie meine Besten. Das ist sehr deprimierend und ermutigt mich umso mehr mein Dorf nach den vorgesehenen 6 Monaten zu wechseln. Janina ist nämlich inzwischen recht sicher, dass sie bleiben will, wo sie ist. Bei ihren Bedingungen kann ich das verstehen. Strand, interessierte Schüler, einen treibenden Direktor und sie mit in Aktivitäten einspannende Schüler. Nachteil ist, dass sie keine Zeit für sich hat. Auch nicht, weil sie sich jetzt noch zwei Gruppen von Grundschülern gesucht hat. An diesem Tag war die erste Stunde. Sie war im Anschluss recht verzweifelt, weil man schwer 20 Schüler, die sich angemeldet haben und 20, die einfach so kommen, nach Alter sortieren kann, um sie dann in 2 Gruppen nacheinander zu unterrichten. Wenn man sie versucht sie alle zusammen zu unterrichten wird man bemerken, dass es nahezu unmöglich ist sie alle gleichzeitig bei Laune zu halten. Erst recht nicht alleine. Aber ich hatte ihr ja angeboten, dass ich bleibe. Doch ihre Aufregung war nach ihrer Aussage zu groß, um sich auch noch vor mir beweisen zu können. Dabei hätte ich ihr so gerne unter die Arme gegriffen.

Doch für eine Ablenkung war gesorgt. Wegen der über die Sekretärin vermittelten Schwierigkeiten der Nahrungsfürsorge kamen wir auf die Idee, selbst für das Essen zu sorgen, indem wir nochmals Chiquiliquis fangen würden. Dabei begleiteten uns 3 Schüler von Janina, der Arzt des Dorfes, ein junger, dynamischer Mann, der Freundlichkeit ausstrahlend durch die Welt wandelt; und ein weiterer Dorfjunge. So waren wir genug Hände, um ca 100 Chiquiliquis auszubuddeln. Denn internen Wettbewerb zwischen mir und Janina gewann ich 20:8. Dafür gab sie eine großartige Chiquiauffangstation ab, in dem sie vor uns, der Gruppe an buddelnden Männern stand und alle gefundenen Chiquis, die wir um weiterbuddeln zu können, warfen, mit dem Rucksack geschickt auffing. Das Essen im Anschluß war entsprechend reichhaltig, da alle Chiquis von uns mitgenommen werden durften. Es reicht für 5 Personen und die Hälfte wurde eingefroren. Sehr zufriedenstellende Ausbeute.

Die letzte Woche hatte ich mich sehr auf dieses Wochenende gefreut, da es geplant war nach Colola ein anderes Küstendorf zu ihrem Jubiläum zu fahren. Da es jedoch weitere Drohungen von den Drogenkartellen für Angriffe auf Großveranstaltungen gab, wurde es kurzfristig abgesagt. Obwohl…Kurzfristig? 5 Tage vorher… Was wirklich kurzfristig war, war die Wiederbelebung des Events am Mittwochabend, bei dem uns mitgeteilt wurde, dass nun doch das Fußballteam der Männer und das Frauenvolleyballteam nach Colola führe und wir sie begleiten dürfen. Das war eine Freude sage ich euch.

Pünktlich um halb6, nachdem 5 Uhr angesagt war, verließen wir dann also Chucutitán in 2 Pick-Ups und einem Geländewagen. Das ist mexikanische Packkunst. 35 Leute in 3 Autos. In Deutschland wäre das unter Garantie hochverboten. Janina und ich bekamen die großartigen Luxusplätze auf der Rückbank des Geländewagens mit 2 anderen Jungen. So konnten wir noch etwas Schlaf nachholen.

Als wir dann in Colola ankamen, war erst mal wieder etwas Verwirrung angesagt. Dann gab es kalte Tacos, die nicht so besonders gut geschmeckt habe. Jede Schule wurde bei der Fahnenehrung vorgestellt und musste/durfte eine Ehrenrunde drehen. Jaime, der Vorsitzende der Zone, der Chucutitán und Colola angehören und der gleichzeitig der Direktor von Chucutitán ist, hielt eine Rede, die ich nicht ganz verstand, aber mich interessierten auch mehr die unterschiedlichen Gemeinsamkeiten innerhalb der Schulen. Die Schule Cololas war zum Beispiel sehr viel mehr aufs Äußere bedacht, da es eher touristisch war. Viel Markenkleidung. Ein Schule hatte ihren größte Aufmerksamkeit auf ein gemeinsames, in meinen Augen gleichförmiges (für mich negative Konnotation) Aussehen gelegt, während Chucu eindeutig die sympathischste Ausstrahlung mit sich trug. Nun, das mag an meiner Subjeltivität und Affinität zu Chucu liegen… trotzdem… ich bin überzeugt, dass es auch für Aussenstehende, der ich ja fast bin, so wirkte.

Dann begannen die Sportaktivitäten. Das Tempo beim Volleyball hat mich sehr beeindruckt und auch die Fußballspiele waren echt sehenswert. Und das Teamgefühl der Chucu-Schule war bemerkenswert. Auch mein Kampfschrei „Gebt mir ein Chiqui! Chiqui! Gebt mir ein Chaca! Chaca! Gebt mir ein Chucutitán! Chucutitán“ wurde bereitwillig in den Anfeuerungsfundus aufgenommen. Chucu gewann alles und stand für den folgenden Tag in allen, also 3 Finalbegegnungen.

Am Nachmittag machten Janina, Maren (Caleta), Kaddy (Villa Victoria) und ich uns auf den Weg das ortsansässige Schildkrötencamp ausfindig zu machen um eine Freiwillige aus den USA wiederzutreffen, die wir in Morelia kennengelernt hatten. Da wir aber nur einen in der Hängematte dösenden Mexikaner dort auffanden, kehrten wir über den wunderschönen Strand zurück. Unberührter Strand und überhaupt nicht touristisch. Aber wie auch, wenn das Wasser eine Strömung hat, die einen schon vom Zusehen hineinzieht. Ich liebe Strände…

Als wir dann wieder am Hauptplatz angekommen sind, waren die Vorbereitungen für die abendliche Disco in vollem Gange und alle Stühle wurden platziert und das Volleyballfeld zur Tanzfläche ummodelliert und riesige Boxen wurden angeschleppt. Wir saßen mittendrin, aber ließen uns davon nicht beindrucken. Wir hatten uns zuvor ein Bier und eine Sprite gekauft und genoßen inmitten des Trubels die untergehende Sonne, unsere Gesellschaft, ein kaltes Radler (Wenn ein alkoholisches Getränk, dann dieses!Daran könnt ihr erkennen, dass das exzessive Betrinknis eher nicht zu meinen Vorlieben zählt) und die melancholisch-nachdenkliche Stimmung. So kamen wir dann aber erst wieder an der Schule an, als die anderen bereits wieder zur Fete aufbrechen wollten. Aber wir freuten uns auf den Genuß einer einsamen Dusche. Verlasse dich in Mexiko niemals auf deine Intuition. Wieso eigentlich Dusche?Uns wurde mitgeteilt, dass wir die einzige der fünf teilnehmenden Schulen seien, die sich nicht in sog. Cabanas (einfache Holzhütten) eingemietet hätte und deshalb mit einem großen Wasserkübel bewaffnet, wie gewohnt mit der Mit-einer-Schüssel-sich-begieß-dusch-Variante Vorlieb nehmen müssen würden. Doch damit nicht genug. Wir sollten dann unsere Sachen aus einem abschließbaren Raum zu unserem Schlafraum transportieren und es wurde mir klar, dass ich auf nichts als einer Decke (Erneut!) schlafen müsse. Aber das einem auch nie etwas gesagt wird. Hätte ich damit rechnen müssen? Ich hatte natürlich nichts anderes mitgebracht… Wie dem auch sei… Uns um- und dann zur Party ziehend, genoßen wir die angenehme Wärme. Nicht so drückend wie aus Las Canas gewohnt. Als wir am partygelände ankamen, schallte uns schon trötige, mexikanische Rancheramusik entgegen. Grausam, was meine Meinung anbetrifft. Auch Janina war nicht besonders angetan. Aber die Mexikaner, die wahrscheinlich eher selten die Möglichkeit haben zu tanzen, nutzen die Chance um ordentlich die Sau rauszulassen. Bei dem zwischenzeitlichen Reggaeton fanden wir auch Spaß dabei uns zu bewegen, hätten die Mexikaner sich nur bloß nicht immer in Kreisen gruppiert. Ächz. So fühlt man sich immer so beobachtet und zu irgendwas genötigt. Der Punkt der Beobachtung ging jedoch nicht abhanden, als wir dann plötzlich den Versuch unternahmen zu Ranchera Disco-Fox zu tanzen. Nicht gut, aber unterhaltsam. Lange hielt uns das aber auch nicht bei Laune. Noch ein paar Tacos bei dem völlig überforderten (bei 15 Leuten gleichzeitig zu bedienen wäre ich das auch) Tacomann vor dem Gelände verschlungen und dann zurück zur Schule. Als ich dann im Männerschlafsaal halb blind nach meiner Decke und meinem Kissen tastete, spürte ich nur warme Körper. Grummelnd-verbissen, Kissen entrissen, Janina beschmissen, ihre Nähe vermissend, alleine auf die Decke eines anderen noch nicht anwesenden Schülers gezwängt. Der goldenenen Regel von Konfuzius, Jesus und Buddha von wegen „Was du nicht willst, das man dir tu“-usw-Blabla konnte ich in jenem Augenblick keine Aufmerksamkeit zollen, weil mich der Frust angesichts dieser Dreistigkeit packte. Dementsprechend sch… äh… schaurig schlief ich dann. Zur Besserung meiner Gefühlslage zählte nicht unbedingt das Aufstehen bei strömendem Regen um 7 Uhr morgens. Aber der Direx von Janina ist halt nicht nur was Arbeitssamkeit und Hausarbeitsfleiß geht eine mexikanisch-gesehene Ausnahme. Da wir uns ja um 8 am Volleyballfeld mit den restlichen Schulen treffen würden, werden wir da sein. Regen hin oder her. Als dann endlich um halb10 jemand auftauchte und uns sagte, dass es Frühstück an der Schule gäbe, war meine Laune zumindest nicht mehr ganz so ozeanisch, auch wenn die Umstände eher dafür gesprochen haben.

Das sogenannte Frühstück war eine Suppe aus Innereien, die wir nicht gerade ungern verschmähten. Wir, Janina und ich. Also wir, machten uns dann lieber nochmals auf um die EEAA-Freiwillige Brit im Campamento de las tortugas aufzufinden. Sie zeigte sich auch sehr erfreut uns zu sehen und zeigte sich mit einem fruchtreichen Frühstück erkenntlich. Und Kaffee! Genießenswert…

Wir unterhielten uns ein wenig über die Drohungssituation der Drogenkartelle und diskutieren über die neue Ausgangssituation, aufgrund des neuen – gegen die NARCOS durchgreifenden – Präsidenten. Nun griffen die Narcos-Gruppen nicht nur sich gegenseitig sondern auch die Zivilbevölkerung an um ihre Macht zu demonstrieren, bzw dass sie sich nicht von der Regierung und dem Militär einschüchtern lassen würden. Die Nachricht, dass die Militärs manchmal auch ins Tortuga-Camp des nachtens nach dem Rechten schauen, machte mich etwas stutzig und zaghaft, aber ansonsten war es ein sehr angenehmes Frühstückchen.

Im Anschluß daran schauten wir uns noch das Fußballfinale an, dass Chucu leider 4:3 verlor, trotz erneuter Anfeuerung und das Schachfinale, dass einer Chucutitaner im Patt beendete. Es beeindruckte mich, dass ein Patt auch dann entsteht, wenn sich keine Figur bewegen kann, ohne den König ins Schach zu bringen. So gewann der „Feind“ nur aufgrund des Losens. Und auch bei den Volleyballfinalen war Chucu kein Glück gegönnt, da der Regen die Ausführung derselben verwässerte. Allen Verpflichtungen enthoben, machten wir uns dann vollbepackt auf den Weg nach Manzanillo, einer touristischen Hafenstadt, die sich weiter im Norden, verfolgt man den Pazifik, befindet.

Doch zum „Äpfelchen“ komme ich im nächsten Blog.

Freut euch auf schöne Gefühle und föne Geschühle!

Bis bald und friert nicht zu sehr im kalten Deutschland!

(Ps: Wenn du, verehrter Leser, jedoch ein Mitfreiwilliger bist: … „Viva Mexiko“ und… schwitz nicht zuviel! 😉 Pass ja auf dich auf… ich will dich schließlich nochmal wiedersehen… )

Saludos a todos!

[3481 Wörter]

Unschlüssigkeit

Unschlüssigkeit.

Ich habe diesen Blog so genannt, weil ich dieser Tage oft das Gefühl der Unschlüssigkeit, Unsicherheit und Unentschiedenheit verspüre. Fühle ich mich wohl in Mexiko? Oder nur an den Wochenenden? Würde ich, wenn ich könnte mit Janina das Dorf tauschen oder ist das nur unterbewusstes Sehnen nach ihrer Nähe? Sollte ich in meinen Ferien (in denen ich visatechnisch zur Ausreise verpflichtet bin) nach Peru (Maccu Piccu und andere großartige Sehenswürdigkeiten), Ecuador (Interesse am Land) oder nach Nicaragua (eine andere Freiwillige, die ich sehr schätze besuchen)ausreisen? Fühle ich mich mit meinen Aufgaben unter- oder überfordert? Sollte ich mich mehr in die Dorf“gemeinschaft“ integrieren und mich weniger mit Gedichten, Gefühlen, Blog und Internet beschäftigen? Mache ich mir generell über alles zuviele Gedanken und sollte anstattdessen lieber leben? Sollte ich jetzt meinen Blog vorspulen und das Erlebte nur anreißen oder wie bisher ausführlich schreiben? Zumindest auf die letzte Frage glaube ich antworten zu können, da ich es Leid bin, in der Vergangenheit zu schreiben. Ich werde also die Kurzfassung versuchen. Die Gefühle des Jetzt sind die Entscheidenden und nicht jene, die man im Nachhinein beim Erinnern verspürt. Auch diese sind gewichtig, jedoch tauchen sie ebenso auf, wenn man die Texte über die Gegenwart der Vergangenheit liest. Sie sind also nicht verloren, im Gegensatz zu den Gefühlen, die man während oder kurz nach einem Erlebnis verspürt.

Am 8. Oktober wurde tagsüber eine kleine Exkursion für die Schüler der Primaria in unserer Schule angeboten. Das Thema sollte Wissenschaft und Ökologie sein. Dabei wurde Mülltrennung ein wenig erläutert, ein Experiment über die Leitfähigkeit von Wassern gezeigt und gebastelt. Alles in allem etwas unstrukturiert und unzusammenhängend. Nicht, dass ich unbedingt ein Meister dieser Disziplinen bin und doch war ich nicht überzeugt. Nichtsdestotrotz war es nett auch mal die Kleinen des Dorfes in Augenschein nehmen zu können und zu erkennen, dass wirklich fast ausnahmslos alle mexikanischen Menschen mit Schönheit oder Niedlichkeit oder gutem Aussehen gesegnet zu sein scheinen. Es sind zumindest mehr als die Schönheit des Durchschnittsdeutschen, falls es sowas überhaupt gibt. Nein, es gibt ihn nicht, er wird jedoch erschaffen, um eine Vergleichsmöglichkeit zu haben. Willst du etwas rational beurteilen, musst du es pauschalisieren und auf seine Hauptmerkmale reduzieren.

Am Donnerstag, dem 9. ging ich dann in die Secundaria, um dort mit dem Direktor, um einen weiteren Einsatz meiner Person zu sprechen. Ich einigte mich auf eine Gruppengröße von 10-30 Schülern von 2 zusätzlichen Stunden die Woche. Dabei bat ich darum, dass es wirklich nur die Schüler sind, die es aus tiefstem Herzen lernen wollen. In der Prepatoria geht mir nämlich tierisch auf den Geist, dass man immer wieder zu hören bekommt. „Ich mag Englisch nicht, ich brauche es nicht, ich kann es nicht und ich werde es nicht können“ Das ist in etwa wie wenn man von einer großen Gruppe von Menschen, denen man helfen möchte ins Gesicht geschrien bekommt: „Gib auf!“ So entsteht außerdem ein Teufelskreis. Ich sehe, dass die Schüler keinen Spaß an Englisch habe, werde frustriert, verliere den Spaß an der Unterrichtsvorbereitung, sie wird langweilig und monoton, ergo die Schüler haben noch weniger Lust. Inzwischen sieht fast jede Stunde in der Prepa gleich aus. Grammatik des letzten Themas wird wiederholt. Beispielsätze an der Tafel bearbeitet und eine Aufgabe im Lernheft erteilt. Mir ist bewusst, dass das nicht gerade von pädagogischer Versiertheit zeugt, aber auf der anderen Seite bin ich gedanklich auch nicht immer in der Schule, sondern bereits beim Wochenende. Teilweise schäme ich mich dafür, dass ich vor diesem Frewilligendienst Feuer und Flamme für diese Aufgabe war und mich jetzt so wenig dafür einsetze, aber mir fehlt auch die Anleitung durch meinen Direktor und ich weiß nicht, ob ich mich im Vorhinein nicht (wie in der Einleitung angedeutet) überschätzt habe. Ich weiß es nicht…

Über die Secundaria kann ich jedoch noch sagen, da ich letzten Mittwoch bei ihnen gelehrt habe, dass sie zumindest aufmerksamer und ruhiger sind, als ihre älteren Kollegen. Man merkt ihnen außerdem an, dass sie lernen wollen. Ob sie fähiger, also fixer sind, kann ich noch nicht beurteilen, da ich bisher erst eine Stunde gegeben habe, in der sie Begrüßungen und „I am nice“ gelernt haben. (Aussprache ist auch bei ihnen so eine Sache…. :-/ )

Donnerstag Nachmittag fuhr ich mit zu Ivan, einem ziemlichen Witzbold und Lernfeind der Schule. Im Gegensatz zu ihm ist sein Vater wissbegierig und diskutierte mit mir über die Gleichheit des Menschen und was Rassismus doch für ein Schwachsinn sei, kauderwelschte ein Paar Worte Französisch, die er in Kanada bei einem Arbeitsplatz gelernt habe und genoß den gebratenen Fisch mit mir. Er zeigte mir, dass mein Name in der spanischen Schrift identisch mit dem biblischen Wal-Propheten Jona ist. Außerdem erfreute ich mich an den Tasten seines Keyboards. Es war schön einmal wieder etwas Klavierähnliches berühren zu können. Der nicht ganz kleine Wermutstropfen war die Erkenntnis, dass ich bereits an Fingerfertigkeit eingebüßt habe. Um diese Fähigkeit habe ich Angst, da mir das Klavierspiel in meinem bisherigen Leben oft auch guter Freund gewesen ist. Ich habe ihn nicht oft zu Rate gezogen, aber wenn, dann war auf ihn Verlaß. Ich möchte den Kontakt zu ihm nicht verlieren. Seine Sprache spreche ich bald genausowenig wie Französisch, dass mir auch zu entgleiten droht, wie ich bemerke.

Im Anschluß an meine mehr schlechtes, als rechtes Vorspiel, zeigte er mir sein Können. Technisch nicht allzu schlecht, spielte er mir ein paar mexikanische Klassiker, die auf jede schrecklich Alleinunterhalterfeier gepasst hätte. Für den Stil war es schlecht, aber einfach nicht meine Musik. Das sagte ich ihm dann auch. Das mir eigentlich englischer Rock besser gefiele und das ich auch in einer Band in Deutschland den Sänger gemimt habe. Er schien sehr interessiert, also zeigte ich ihm einige Songs. Von ihnen echt angetan bat er darum, dass ich sie ihm brenne. Außerdem gestand er mir, dass er viel lieber so etwas spielen würde, aber das er keinen Absatz für jene Musikrichtung findet und deshalb auf den Festen das übliche Gedudel spielen muss. Geknickt erzählte er mir auch davon, dass alle in der Umgebung und sogar seine Familie ihn wegen seiner Musikleidenschaft für einen mäßig Verrücken halten. A propos Familie. Ivan sprach während meines ganzen Aufenthalts ungefähr 20 Worte. Die meiste Zeit schwieg er und schaute in sein Essen. Und das, obwohl ich ihn sonst als einen der Lautesten kennengelernt habe. Ich frage mich, ob sein Vater ihn so unter Druck setzt oder diszipliniert (Es ist ja leider bekannt, dass häusliche Gewalt in Mexiko noch gebraucht wird. Ich habe glücklicherweise davon noch nichts als Augenzeuge mitbekommen, aber andere Freiwillige erzählten von unmittelbaren Konsequenzen von derartigen Übergriffen), dass er zuhause völlig eingeschüchtert und zurückhaltend ist und das in der Schule zu kompensieren sucht.

Am Freitagmorgen fuhr ich, wie inzwischen schon gewohnt, per Anhalter nach Lazaro. Da Janina erst gegen 15.°° Uhr hat kommen sollen, nutzte ich die Zeit, um ein Paar Dinge zu finden. (Wie drückt man denn die Zukunft in der Vergangenheit aus?!) Ich kaufte also ein spanisch-englisches Wörterbuch, eine Pinnwand (Meine Güte, hat es ewig gedauert, das zu erklären), Pins für die Pinnwand und Tafelstifte. Ich habe die Pinnwand kaufen wollen, um sie in meinem Zimmer aufzuhängen und anhand der Karte, die ich mir die Woche zuvor gekauft hatte, einen Überblich über meinen Standort und den anderer Freiwilliger sowie Orte, die ich noch besuchen möchte, zu verschaffen. Die Freiflächen sollten für Fotos genutzt werden. Um sie aufzuhängen, kaufte ich mir letzte Woche ein Paar Nägel. Variante Nummer 1: Fehlschlag. Die Mauer ist so hart, dass ich mit den Nägeln nichts ausrichten konnte. Also kaufte ich Klebeband. Variante Nummer 2: Fehlschlag. Der Kork ist so schwer, dass das Klebeband nicht genug Klebekraft hat, um sie an Ort und Stelle zu halten. Variante Nummer 3 folgt nach der Wochenendbeschreibungsvollendung. Nachdem ich Janina, sie mit einem Banenmilkshake begrüßend, abgeholt hatte, schlenderten wir noch ein wenig durch die Stadt, um dann mit einem Bus nach Caleta de Campos zu fahren, einem Küstendorf, in dem Maren, eine weitere Freiwillige, die ich bereits vorher schon mal erwähnt habe, arbeitet.

Caleta ist nicht mit Las Canas zu vergleichen. Caleta hat einen wunderschönen Hauptplatz, an dem sich alles was Rang und Namen hat, trifft und auf den Bänken schwatzt, palavert, neueste Gerüchte austauscht, flirtet, lebt. Caleta hat mehr als eine geteerte Straße. Caleta hat eine Bucht! Das Wasser ist wunderbar angenehm und die Strömung ist angenehm aufregend. Den Strand bewunderten wir aber erst am Samstagmorgen. Zuvor genoßen wir die Ruhe des Hauses, das wir mieteten. Zu wunderbar günstigen 150 Pesos die Nacht, umgerechnet 5 Euro, bekam man 3 Zimmer + Küche + Bad mit 6 Betten. Unglaublich, nicht wahr?

Aber Maren wohnt auch nicht gerade heruntergekommen. Die Küche ist so groß, wie bei uns der größte Raum, außerdem ist alles gefließt. Zumindest im zweiten der drei Stockwerke. Auch da packte mich wieder der Neid. Außerdem lernt sie gerade Purhepechas-Geige, was ich auch durchaus für beneidenswert halte.

Samstag packte uns außer dem Neid, der mich packte, die Furcht vor einem Zyklon, der uns von Marens Gastmutter angekündigt wurde. Außer einem starken Regen- und einem nicht weniger starken, sprich langanhaltenden Stromaus-Fall, suchte uns gottseidank jedoch nichts heim. Wir entdeckten jedoch, dass wir ohne Elektrizität nicht kreativ genug sind, uns sinnvoll zu beschäftigen. Sehr ernüchternd.

Sonntagnachmittag erwarb ich dann noch ein sanftgelb-kitschiges Moskitonetz in Caleta und war fortan mit blauem Plastiksack und Pinnwand bewaffnet.

Da wir (Janina und ich) keine große Lust verspürten, die Stadt bereits am Sonntag nachmittag zu verlassen, entschlossen wir uns kurzerhand und ohne groß (weiter) darüber nachzudenken, einfach bis Montag morgen zu bleiben. Dies hatte dann einen sehr gekürzten Nachtschlaf zur Folge, da wir um 4 Uhr aufstanden. Aber wir kamen beide rechtzeitig in unseren Dörfern an. Ich glaube das Schlimmste in der Woche sind die Busfahrten zurück ins Dorf nach einem erneut sehr genießendswürdigen Wochenende und der darauffolgende Montag. Ununterbrochen fragt man sich, warum denn die Wochenenden so kurz sind und wie lange es noch dauert bis das nächste anbricht. So ist es zumindest, wenn ich aus meiner Sicht spreche. So weiß ich auch diesmal nicht, was ich Erzählenswertes an jenem Montag gemacht habe. Und auch heute (Montag, der 20. Oktober) ist bisher nichts Spannendes geschehen.

Am Dienstag freute ich mich Jose, den anderen Sohn von Gavina, meiner Gastmutter, zu Hause anzutreffen. Mit ihm wagte ich mich an die Operation Pinnwand und Moskitonetz. Dazu kaufte ich neben den Nägeln auch etwas Schnur, um das Netz aufzuhängen. Doch wie erwähnt hatte ich mit den Nägeln kein Glück. Und auch das Moskitonetz erwies sich als widerspenstiger als gedacht. Erst bekam ich die Schnur nicht über den Deckenbalken und dann schien es zu klein zu sein. In der Zwischenzeit macht mir die Kombination aus Ventilator und Netz Probleme, da der Luftstrom entweder das Netz in mein Gesicht oder den Eingang aufweht. Ich bilde mir jedoch ein, dass ich seit ich es habe, nicht ganz so mückengeplagt bin, weshalb ich die Nebenwirkungen in Kauf nehmen kann.

Nun jedoch zurück zur Pinnwandaktion. Klebeband nicht, Nägel nicht und nun habe ich heute versucht es mit dem Bindfaden an einem Nagel, der bereits hängt, aufzuhängen. (Das an dem Nagel ein Jesuskreuz hängt, verschweige ich mal.) Auch dieser Versuch scheitert, da sich die Wand durch ihr Eigengewicht biegt und die Ecken zur Mitte streben. Dabei habe ich doch die Karte so schön mit Pins und Fotos präpariert.

Zur Feier des Kommens (Vielleicht auch nur aus Spaß an der Freude) von Jose fuhren Yvonne,Tere, Sofia (eine Schülerin und die Exfreundin von Jose), Ricardo, Jose und ich jenen Abend in einen anderen Ort, um dort zu Abend zu essen. Ich war völlig aus dem Häuschen als ich dort Handyempfang entdeckte. Das musste ich ausnutzen. Sofort schrieb ich eine Sms an Janina und es war ein tolles Gefühl spontane Kontaktmöglichkeit zu haben. Außerdem klingelte ich sie spielerisch an. Ihre Sms zu empfangen war ebenso toll wie eine schreiben zu könne, weniger toll jedoch war ihre Frage, warum ich denn Netz habe, da ich das ja in der Sms erläutert hatte. Ich schrieb also noch eine. Da daraufhin aber keine Antwort kam, entschloss ich mich sie anzurufen. Es stellte sich heraus, dass es nur möglich war, zu telefonieren, Sms‘ jedoch nicht ihren Empfänger erreichten. Trotzdem fühlte ich mich nicht besonders gut, in das Dorf ohne Außenwelt zurückzukehren. Naja, immerhin habe ich Internet. Trotzdem ist es das, was mir mit am meisten fehlt, glaube ich. Spontaneität. Die Möglichkeit kleine Nettigkeiten zu versenden oder zu empfangen und so Dämpfer des Schlechtfühlens zu erschaffen.

Ich hole auf wie ihr seht. Noch bin ich nicht ganz in der Gegenwart angelangt, aber ich komme voran. Bis bald… Ich vermisse die meisten, die das hier lesen… Passt auf euch auf!

[2100 Wörter]

„Zuckerrohr“ – Klappe, die Zweite

Moeglicherweise habt ihr euch gewundert, warum ich gestern ungewohnt faktenbezogen geschrieben habe. Ich glaube, falls ich mich nicht auf eine derartige Komprimierung von Gefuehlen beschraenkt haette, haette mich die Verzweiflung uebermannt. Ich habe mit in keinster Weise, auch nur in Ansaetzen vorstellen koenen, ein ganzes Jahr in diesem Dorf zu ueberleben. Die Sanitaersituation, die Wohnanlagen und das Essen haben mich dermassen abgeschreckt, dass ich mir verwoehnt und unflexibel vorkam. Nun, das hat sich nicht geaendert. Ich glaube noch immer, dass ich mich etwas ueberschaetzt habe, aber nun habe ich einige andere Dinge gelueftet.

Gestern noch war ich der Meinung, dass der Masstab an Luxus oder Wohlhaben an der wichtigsten Person einer Ballung von Menschenwesen gemessen wird. Da mir in der Zeit bevor ich meinen Freiwilligendienst angefangen habe, oftmals eingeblaeut wurde, dass ich als Lehrer einer der wichtigsten Personen im Dorf sein wurde, bin ich davon ausgegangen, dass der „Chef“ der Lehrer, also der Direx, einen sehr hohen Status geniesst. Als ich dann gesehen habe, unter welchem Umstaenden er lebt, war ich aus eben genannten Gruenden, ueberzeugt, dass der Rest des Dorfes unter aehnlichen Gegebenheiten wie er, haust und war stark in meiner Motivation angekratzt.

Inzwischen habe ich jedoch gesehen, wie die Englischlehrerin lebt und habe von ihr das Angebot bekommen bei ihr einzuziehen. Da sie eine Dusche mit fliessendem Wasser hat (unwahrscheinlich, dass es warm ist 😉 ) und eine Toilette mit Spuelung, glaube ich, dass ich das Angebot auch dankend annehmen werde. Die erste Erfahrung heute morgen mit der Dusche aus der Tonne hat mir vollkommen ausgereicht. Es ist naemlich sehr eigenartig nackig in einem Backsteinhaeuschen zu stehen und sich mit einer Plastikschuessel kaltes Wasser ueber den Koerper zu traeufeln. Auch wenn es bei 38º Celsius im Durschschnitt nicht lange ueberlebt, das Wasser.

Normalerweise kennt man es ja, dass in warmen Laendern tagsueber bullige Hitze herrscht und es nachts sehr abkuehlt. Auch davon kann hier nicht die Rede sein. Mir wurde gleich ein Verntilator zur Verfuegung gestellt, damit ich nachts schlafen kann. Heute nacht wusste ich demnach nicht, ob mir kalt (Ventilator) oder warm (Raumtemperatur) oder heiss (Schlafsack) sein sollte.

Die Haeuser in Las Cañas stehen sehr weit auseinander, aber es ist alles zu Fuss zu erreichen. Der Direktor wohnt am Rande des Dorfes, zusammen mit einem anderen Lehrer und – noch – mit mir. Eine Kueche hat das Haus nicht, gegessen wird auswaerts. Irgendjemanden findet man schon. Soviel zum Thema „Fuer Essen und Unterkunft wird gesorgt“ -> weltwaerts… Ebenso verhaelt es sich mit dem Thema Gastfamilie. Eigentlich war es so vorgesehen, dass man pro halbem Jahr in 2-3 Gastfamilien leben wird. Mein Direx meinte jedoch auf dem Weg ins Dorf. „Naja… Wir schauen dann mal… Wir koennen dich ja alle 2 Wochen in eine andere Familie stecken“… Wahrscheinlich wird das aber auch wieder verworfen und ich bleibe wo ich bin, also zusammen mit der Lehrerin als Untermiete bei einer anderen Buergerin. Waere nicht das Schlechteste, weil jene Frau hat sogar Geschmack. Die Waende sind orange gestrichen und es gibt schoene Bilder. Man kann sich fast wohlfuehlen, vor allem im Gegensatz zum tristen „Dirección“s-Haus. Aber wie gesagt: Macht nicht denselben Fehler und messt den Woh(n/l)-Stand an der angesehensten Person des Orts. Vielleicht macht sie sich nichts aus angenehmen Verhaeltnissen.

¿Qué hay más? Die Menschen hier lieben Volleyball und Schach, machen wenig Musik, aber gehen gerne zur Jagd. Die Schule hat 112 Schueler, davon 50 junge Maenner und 62 ebenso unalte Frauen.  An der Schule gibt es 5 Lehrer, eine Assistentin des Direktors und den Direktor. Es gibt drei Raeume und eine Stelle, die weniger anspruchsvolle Menschen Kantine nennen wuerden.

Das Kollegium ist sehr nett und auch die Schueler behandeln mich alle interessiert, respektvoll, freundlich oder zumindest neugierig grenztestend. Ich spreche bei weitem besser als die Englischlehrerin und die Schueler sind begierig darauf Aussprache zu lernen. Die Lehrerin scheint ein Grammatik-Ass zu sein, aber selbst grosse Probleme mit Betonung und richtiger Aussprache zu haben. Deshalb werde ich jetzt wahrscheinlich einmal pro Woche eine Extrastunde fuer die Aussprache machen.

Demnaechst werde ich wahrscheinlich noch weitere Fotos auf Kosten eines Blogeintrags hochladen. Vorausgesetzt ihr schreibt mir nicht, dass ihr lieber weitere schriftliche Details haben wollt. Fuer eines von beidem werde ich den Nerv haben. Beides benoetigt jedoch zuviel Zeit und Kraft…

Also…:

Schreibt mir, meine lesenden Schaefchen…

*hust*hust*

Las Cañas

Hier einige Fakten ueber mein „wunderschoenes“ Doerfchen:

– Ca. 1000 Einwohner leben in Las Cañas

– Es gibt Internet nur in der Schule

– Es herrscht die meiste Zeit eine bestialische Hitze

– Es gibt keine Telefonanbindung

– Um in die Staatshauptstadt Morelia zu gelangen braucht man 2 1/2 Stunden mit dem Auto und 4 Stunden mit dem Autobus

– Es liegt 600 Meter ueber dem Meeresspiegel

– Ein Liter Cola kostet 80 Cent, also 10 Pesos

– Die Haueser sind groesstenteils klein, grau und baufaellig

– Sanitaeranlagen sind kaum, um nicht zu sagen gar nicht, vorhanden

– Englisch beherrschen 3 Leute im Dorf bruchstueckhaft… Mich eingeschlossen…

– Die Menschen sind alle nett und freundlich

– Die Landschaft ums Dorf herum ist atemberaubend

– Die Wohlsituation ist grausig

 

So kurz, so knapp, so informativ… Wahrscheinlich morgen mehr…

*seufz*

 

 

Mein Fremdenfuehrer, namens „Director Jaime“…

 

Waschsalon

Waschsalon

Der wohnhauseigene Waschsalon. Hier darf ich bei Bedarf meine Klamotten waschen.

 

Bad

Bad

Das ist mein Bad, das 10 Meter vom Haus entfernt im Garten steht. In der Tonne ist mein Duschwasser und die Spuel“vorrichtung“… Ach ja… Das Wasser fuer die Klamotten benutzt man dann auch zum Haendewaschen……

 

Meine Luxusvilla

Meine Luxusvilla

 

Zimmer 3   Zimmer2 

Das ist mein kleines, niedliches , wunderbar haessliches und nicht mal aufgeraeumtes Zimmerchen aus drei Blickwinkeln.